Opa Willi – das war der Großvater meiner Cousins. Onkel Fritz, rotgesichtig und mit Zigarre, war ein angeheirateter Onkel meiner Mutter. Und dann gab es da noch Großonkel Carl sowie drei Herren mit H: Hans, bei dem der Goldzahn blinkte und der die beste Schokolade verteilte, Helmut und Hugo. Sowie meinen Opa, der Otto hieß.
All diese alten Männer meiner Kindheit wurden in den Nuller- oder Zehnerjahren des 20. Jahrhunderts geboren, und es freut mich ehrlich, dass nach Carl (Platz 28) und Fritz (75) sowie Hugo (154) nun auch Willi (142) wieder eine gewisse Rolle in den Namenshitlisten spielt. Faszinierend, dass statt des behäbigen Zigarrenonkels nun Persönchen mit flusigem Babyhaar so heißen und dem Namen ihren Stempel aufdrücken. Und dass im Kindergarten neben dem Rucksack von Milan und Tom der von Willi hängt.
Warum Willi und Willy besonders in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen beliebt sind, wüsste ich wirklich gerne. Ansonsten habe ich aber eine These, was die Rückkehr von Willi und Fritz angeht: Kindermedien! In einem Babykurs, den ich vor knapp zwölf Jahren besucht habe, war auch eine Mutter Ü40, die berichtete, dass ihre großen Töchter den Namen fürs Schwesterchen ausgesucht hätten: Madita. Dass Geschwistern ein Mitspracherecht bei der Namensfindung eingeräumt wird, scheint nicht so selten zu sein. Und natürlich kommen Menschen, die schon Kinder haben, beim Vorlesen und Mitgucken selbst häufiger mit deren Lieblingsfiguren in Berührung.
Fritz und Willi sind den Machern von Kinderfernsehen und Co. so frühzeitig ins Auge gefallen, dass die Präsenz dieser Namen in Wohn- und Kinderzimmern einiges bewirken kann. Bereits seit 2006 führt der Moderator Fritz Fuchs (der eigentlich Guido Hammesfahr heißt) durch die Kinderwissensserie „Löwenzahn“. Der schlaksige Bauwagenbewohner und sein Berner Sennenhund „Keks“ haben die Kinderherzen erobert. Hammesfahr ist Jahrgang 1968, als Fritz extrem selten gewesen sein dürfte – allerdings gefiel der Name Babyeltern 2006 wieder recht gut, wenn auch längst nicht so gut wie heute. „Willi wills wissen“ war ebenfalls eine auf Sachthemen ausgerichtete Kindersendung, die 2002 bis 2010 erstausgestrahlt und seither häufig wiederholt wurde. Der Moderator dieses Formats heißt tatsächlich Willi, auch noch mit Stabreim: Willi Weitzel (Jahrgang 1972).
Last but not least fällt mir die „Sendung mit der Maus“ ein. Hier gibt es zum einen Trickfilmchen von Willi Wiberg. Dieser Willi ist eigentlich Held einer seit 1972 erschienenen schwedischen Kinderbuchreihe und heißt im Original Alfons Åberg. Was wohl die Übersetzer bewogen hat, sich für Willi zu entscheiden? Lustig jedenfalls, dass 1972 auch das Jahr war, in dem „Willy wählen!“ zum Schlachtruf der Sozialdemokraten wurde. Zum anderen gibt es bei der „Maus“ seit 2012 gezeichnete Episoden aus der „Ringelgasse 19“. Dort lebt ebenfalls ein Willi, Willi Wurst: „Der kleine Superheld isst gerne Würste, liebt Fußball und ist der Sohn des Hausmeisters“ (Wikipedia).
PS: In meiner Anfangszeit hier im Blog stellte ich mir auch die Frage „Was hat Greta, was Gerda fehlt?“. Schön, dass sieben Jahre später (trotz exorbitanter Popularität von Greta) nun auch Gerda wieder im Spiel ist!