„Emma!!!“ Mit diesem verzückten Ausruf schnappte in der amerikanischen Sitcom „Friends“ einst eine frisch gebackene Mutter ihrer besten Freundin den Lieblingsnamen weg. Das war im Frühjahr 2002, in Deutschland wurde die Folge 2003 ausgestrahlt und trug sicher ihr Quäntchen zum Emma-Revival bei. Die Namen von Emmas Eltern, den eigentlichen Stars der Serie, hätten hier nie funktioniert: Rachel und Ross – zu nahe liegen „Rache“, „Rachen“, „Ross und Reiter“. Der Name der Tochter dagegen traf ins Schwarze, auch wenn es noch über zehn Jahre dauern sollte, bis es hieß: Emma ist Deutschlands beliebtester Mädchenname.
Doch eine Spurensuche rund um Emma und ihren Erfolg muss früher ansetzen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Name schon einmal sehr beliebt, um dann in tiefste Tiefen abzustürzen. Als Alice Schwarzer 1977 ihr feministisches Magazin „Emma“ taufte, war der Name für Kinder praktisch nicht mehr existent. Schwarzer schreibt dazu auf der Emma-Website:
„Die ursprüngliche Idee war von einem Mann, er schlug EMA vor (wie Emanzipation). Ich machte EMMA daraus. Dieser Vorname war damals fast vergessen (jetzt ist er ja wieder in Mode). Mir gefiel an dem Namen das klassisch Weibliche, das Runde, das Gestandene. Und: Dass der Name EMMA einfach das Gegenteil war von den erwarteten Klischees.“
Vom Magazin zum Kind, das gibt es übrigens auch: Ein Kollege hat mir verraten, dass eine bei der Gynäkologin ausliegende Nummer der EMMA den Anstoß für den Namen seiner Tochter gab (geboren 2008).
Welche Eltern die Avantgarde stellten, die Emma zuerst wiederbelebte – es wird wohl nicht mehr zu ermitteln sein. Lange Jahre wäre die automatische Reaktion auf ein „Sie heißt Emma“ wohl „Das arme Kind!“ gewesen. Der heute fast wieder romantisch klingende Begriff „Tante-Emma-Laden“ war ursprünglich nicht eben nett gemeint: Emma war die einfache alte Frau von nebenan, die mit wenig professionellem Anspruch Gemischtwarenhandel betrieb – so wie Minna (2014 auf Platz 496) das klassische Dienstmädchen war. In Österreich gab es noch bis 2005 kleine Läden namens Emma, betrieben von der Rewe-Tochter Billa.
Emmas erneuter Aufstieg begann Mitte der 90er. Viele der alten Emmas waren verstorben, ihre Läden geschlossen. 1996/97 gab es dann gleich zwei sehenswerte Verfilmungen des Romans „Emma“ von Jane Austen, eine Kinoversion mit Gwyneth Paltrow
und eine fürs Fernsehen mit Kate Beckinsale
in der Titelrolle. Nur wenig später, ab 2001, kam Jahr für Jahr ein neuer „Harry Potter“ in die Kinos, mit der hübschen Emma Watson als Hermine. Und noch ein Namensvorbild aus der Welt des Films: Die Deutschamerikanerin Emma Tiger Schweiger (man beachte den Reim von Zweit- und Nachnamen) wurde 2002 geboren und war dank Papa Til schon wenige Jahre später in „Keinohrhasen
“ und weiteren Streifen zu sehen.
Besonders spannend an Emma finde ich, dass sie polarisiert, auch heute noch. Das Bild der alten Tante – Emma hat es nicht ganz abgeschüttelt, vor allem nicht in den Augen von Menschen, die zwar selbst nicht mehr Eltern werden, aber dafür umso rigoroser über die Namenswahl der jüngeren Generation urteilen. Mit Emma kann man Oma oder Opa noch so richtig schocken. Auf der anderen Seite passt der weiche Klang von Emma hervorragend in die aktuelle Namensmode, Widerhaken und Stolpersteine wie bei Erna oder Edna sucht man bei ihr vergebens. Tatsächlich sind die aktuellen Mädchen-Top-10 sogar fest in der Hand der „Em-Namen“: mit Emma auf Platz 1, Emilia auf der 5 und Emily auf der 9. Emma ist auch in den USA sehr beliebt: 2013 stand Emma dort wie damals auch in Deutschland auf Platz 2 der Hitliste. Im englischsprachigen Raum funktioniert sie ebenso wie in Skandinavien, und vielleicht ist genau das ihr Geheimnis, das sie aus der Menge weniger beliebter alter Namen heraushebt.