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Channel: Annemarie Lüning | Beliebte Vornamen
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Mein seltener Name und ich: Aurica

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Mein seltener Name und ich

Ein Interview wie dieses habe ich noch nie geführt. 37 Menschen habe ich für diese Blog-Reihe schon systematisch ausgefragt, wollte alles zu ihren Erfahrungen mit ihren seltenen Vornamen wissen. Dieses Mal merke ich, dass ich selbst immer wieder ins Erzählen komme, Erlebtes vergleiche und ergänze. Und das liegt nicht daran, dass mein namensinteressiertes Gegenüber – eine 37-Jährige, die sich über beliebte-Vornamen.de quasi selbst für ein Interview beworben hat – wenig zu berichten hätte. Sondern daran, dass der tatsächlich sehr seltene Name, um den es geht, mir so vertraut ist wie sonst nur mein eigener: Es ist der Name meiner Tochter. Aurica.

Noch nie eine Namensvetterin getroffen

Aurica, die Ältere, ist gebürtige Bayerin und arbeitet in einer Museumsbibliothek. Über die „doppelte Aurica“ ist sie genauso verblüfft wie ich, sie hat noch nie eine Namensvetterin getroffen: „Ich weiß nur von wenigen Leuten in Deutschland, die so heißen, und das auch nur, weil ich vor Jahren mal gezielt im Internet gesucht habe.“ Meine allererste Frage offenbart dann auch gleich einen Unterschied: die Aussprache. Aurica betont ihren Namen auf der ersten Silbe, „AU-rika“, hört aber auch darauf, wenn Leute „Au-RI-ka“ sagen. (Bei meiner Tochter ist das andersrum: AuRIka ist richtig, AUrika auch o.k.)

Auricas Eltern haben den Namen aus einem Namensbuch. „Ich sage manchmal, dass sie bei mir nur bis zum A gekommen sind und bei meinem Bruder bis B“ – er heißt Benjamin. Eine Zeitlang hießen die Zimmer der Geschwister auch „Alpha-“ und „Beta-Zimmer“. Was noch in dem Namensbuch gestanden haben dürfte, ist, dass der Name aus Rumänien stammt und sich von der bekannteren lateinischen Aurelia ableitet, „die Goldene“. Aurica mag diese Bedeutung sehr gern. „Eine schöne Bedeutung war besonders meiner Mutter wichtig“, weiß sie. Ihre Eltern hätten auch über den Namen Franziska nachgedacht. „Das war wohl ein Vorschlag von meiner Oma, hat meiner Mutter aber nicht so gut gefallen – einfach bloß die weibliche Form von Franz …“

Nicht ohne Tücken

„Die häufigste Reaktion auf meinen Namen ist bis heute, dass man den noch nie gehört habe und dass das ja ein sehr schöner Name sei“, erzählt Aurica. Es ist nicht ohne Tücken, so zu heißen: „Wenn es irgendwo laut ist, auf Partys zum Beispiel, stelle ich mich manchmal bloß mit meinem zweiten Vornamen vor: Johanna. Man hat nicht immer Lust, etwas umständlich zu erklären, gerade wenn es um Leute geht, die man vermutlich nicht noch mal trifft.“ Ihr Name wird oft falsch verstanden und auch falsch geschrieben. „Aurika, Auricka, Aureca, ganz oft auch Auricia“, zählt sie auf. Manch einer kann ihn sich schwer merken: „Bei einer Lehrerin hieß ich immer Annika.“

Wenn sie ihren Namen erläutert, folgern die meisten, dass sie etwas mit Rumänien zu tun haben müsse. „Wenn ich dann nein sage und dass ich da auch noch nie war, sind die Leute perplex.“ Wer Lateinkenntnisse habe, könne ihren Namen noch am besten einordnen – „und alle, die sich mit den chemischen Elementen auskennen, wegen Au für Gold.“ Nervig findet Aurica Witzchen und Wortspiele mit „Heureka“. Ihr Bruder hatte dafür manchmal unter „Benjamin Blümchen“, dem sprechenden Elefanten von den Kinderkassetten, zu leiden. „Ich finde, man sollte für solche Figuren, auch in Kinderbüchern, lieber gar keine echten Vornamen nutzen“, überlegt Aurica.

Namenskurzformen

Wie steht es mit Namenskurzformen? „Ich hasse es, wenn jemand Auri sagt.“ Ihr Bruder nennt sie gelegentlich (für mein Empfinden kaum sprechbar, aber ich hätte auch mit so manchem Kürzel für mein Kind nie gerechnet) „Aur“. Ihre Eltern haben sie früher manchmal „Primelchen“ genannt, wegen der Blume Aurikel, lateinisch „Primula auricula“: „Ich war ein bisschen stolz, dass eine so hübsche Blume ‚meinen‘ Namen trägt.“ Am besten würde Aurica heute die Kurzform „Rica“ gefallen, „das sagt aber nur mein Mann.“ Doch sie tröstet sich: „Irgendein kluger Mensch hat mal gesagt, wenn man einen Spitznamen hat, bedeutet das, dass der eigentliche Name nicht zu einem passt.“

Bei der Wahl des Namens für ihren Sohn hat auch Aurica Wert auf eine schöne Bedeutung gelegt: „Er heißt Milan, das heißt lieb und freundlich im Slawischen.“ Außerdem gefällt ihr die Assoziation mit dem Raubvogel („Ich mag Vögel“) und dass der Name „nicht zu ausgefallen“ ist. Eine große Rolle spielte auch, dass die Familie ihres Mannes mit dem Namen gut zurechtkommt – Milans Papa stammt aus Indien. Im Sanskrit soll Milan „Begegnung“ bedeuten. Für Auricas Schwiegerfamilie war aber auch ihr Name nie ein Problem: „Für sie ist er genauso geläufig oder nicht geläufig wie die üblichen deutschen Vornamen.“

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