Undine. Eigentlich ein einfacher Name. Vorne wie „und“, hinten wie Christine, Regine, Sabine. Oder wie Blondine. Aber andererseits, ein Name mit U. Unpopulärer geht es kaum, und das schon seit vielen Jahren.
Ein unbeliebter Buchstabe
„Liebe Mutti, schenk mir doch ein Schwesterlein … ich wünsch mir eine kleine Ursula“, hieß es 1937 in einem Schlager. Tatsächlich gefiel der Name Ursula vor hundert Jahren und bis in die 50er hinein sehr vielen Eltern besonders gut. Etwas später gab es noch Ute und Ulrike. Die eine oder andere „Ulli“ kennt man einfach, wenn man wie ich Ü50 ist. Mittlerweile muss man in der Babynamenhitliste aber lange suchen, bis man auf ein U als Anfangsbuchstaben stößt. Erst auf Platz 402 werde ich fündig, bei Una (weiß jemand, wie die es in die Topliste geschafft hat?), bzw. bei den Jungs auf Platz 319 (Umut).
Was heißt schon „selten“?
Als ich meinem Mann erzähle, dass ich eine Undine interviewe, kommt von ihm prompt ein Wortspiel: „Ist ja ein Unding!“ Undine, 1975 in Nordrhein-Westfalen geboren, kennt das schon lange: „Diesen Scherz erlauben sich viele.“ Auf der anderen Seite reagiert eine Bekannte von mir aus Brandenburg mit Erstaunen: „Wieso fällt Undine in die Kategorie ‚Seltener Name‘? Ich kenne gleich mehrere.“ Es scheint mit diesem Namen ähnlich zu liegen wie mit Gesine oder Wiebke: Wie man ihn einordnet, ob als selten oder nicht oder gar in die Kategorie „Ist das überhaupt ein Name?“, hängt davon ab, wo man lebt.
Kieztreff und Ostsee-Villa
Auch das kann mein Gegenüber bestätigen: „In Ostdeutschland ist der Name gängiger.“ Als es sie als junge Frau nach Berlin verschlug, kannten plötzlich viele ihren Namen. „Das hatte ich vorher noch nie erlebt. Es war erst mal seltsam, den eigenen Namen zu hören und gar nicht gemeint zu sein.“ Zudem gibt es in Berlin-Lichtenberg den „Kieztreff Undine“. Seither hat sie noch weitere Undine-Nennungen entdeckt. „Es ist fast eine kleine Sammlung“, sagt sie und lacht. „In Binz auf Rügen gibt es eine ‚Villa Undine‘. Der Name ist auch für Schiffe beliebt.“

Arielle des 19. Jahrhunderts
Der Bezug zu Meer und Wellen ist kein Wunder: Undine leitet sich vom lateinischen Wort „unda“ für „Welle“ ab. Es gibt ein Märchen von einer Nixe namens Undine, die einen Menschen heiratet, und zwei „romantische Zauberopern“, die beide „Undine“ heißen – die Figur ist quasi die „Arielle“ des 19. Jahrhunderts. Laut meinem Vornamen-Duden setzt die Vergabe des Vornamens in den 1920er Jahren ein. Für mich fallen in eine ähnliche Kategorie Melusine, Loreley oder auch Melisande. Ein Partiturblatt von „Undine“, einen Flohmarktfund, hat meine Interviewpartnerin sich eingerahmt. Sie besitzt auch Bücher mit der Geschichte „mit schönen Jugendstil-Illustrationen“ und ein Figürchen von der „Kleinen Meerjungfrau“ aus Kopenhagen. „Ab und zu bringen Freunde mir so was mit.“
Kulis und Kulturbanausen
Manchmal wird Undines Name mit dem einer Stadt im Nordosten Italiens verwechselt: Udine. „Die Leute kennen das Märchen und die Opern nicht oder gucken einfach nicht so genau hin.“ Als Kind hat sie sich deshalb einen Namen gewünscht, „den jeder sofort versteht – und zu dem es Tassen und Kugelschreiber gibt.“ In den Ferien in Frankreich hat es ihr gefallen, Ondine genannt zu werden, „das kennt man dort“. Ihr Verhältnis zu ihrem Namen wurde besser, je älter sie wurde. „Ich bin damit längst völlig im Reinen. Die Herkunft finde ich sehr schön, auch wenn die Geschichte der Meerjungfrau traurig ist. Und ich habe gelernt, zu kontern, wenn jemand komisch reagiert. ‚Waaas, bist du etwa ein Kulturbanause …?‘“
Die Vorteile überwiegen
Sie bekommt auch viele positive Reaktionen auf ihren Namen. „Von musikbegeisterten Menschen oder auch, wenn ich die Bedeutung erkläre. Für mich überwiegen heute die Vorteile davon, so zu heißen.“ Einen von ihrem Namen abgeleiteten Spitznamen hatte Undine nie. „Da drängt sich nichts auf. Und man muss ja bei einem seltenen Namen auch nicht so kreativ werden wie beim dritten Markus in der Klasse oder der fünften Claudia.“ Ihre eigenen Kinder – Undine ist Mutter von Zwillingen – haben „gewöhnlichere“ Namen. „Das hat sich so ergeben. Wir wollten uns die beiden erst mal angucken, bevor wir entscheiden, und hätten nie gedacht, in was für einem Ausnahmezustand man nach der Geburt mit gleich zwei Babys ist. Aber es ist gut so wie es ist.“
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