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Channel: Annemarie Lüning | Beliebte Vornamen
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Ein Zimmer, das deinen Namen trägt

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Nicht nur Eltern, nein, auch Hersteller von Kinderzimmern toben sich namensmäßig so richtig aus. Komisch, dass mir das bisher entgangen ist. Allerdings hat unsere Tochter damals auch kein komplettes Zimmer bekommen, nur ein Buchenholzbettchen, das Tim hieß. Oder war es Nils?

Jedenfalls zog mich jetzt der Prospekt eines Babyfachmarktes, der uns ins Haus flatterte, in seinen Bann. Jedes der darin beworbenen Möbel-Ensembles von drei verschiedenen namhaften Herstellern hieß irgendwie: Noah („Dekor weiß/Walnuss-Nachbildung“), Marlon („Eiche grau mit Echtholzstruktur“) und Alessia  („Eiche-Rustikal hell Nachbildung“). Wobei Zimmer Alessia von Design und Deko her nicht femininer ausfiel als die beiden anderen. Gut, an einer Zimmerwand prangte ein Schmetterling. Aber dafür gab’s bei Marlon Teppich und Wickelauflage in Rosarot. Huch!

Das wirft Fragen auf: Wer wählt die Namen für Kinderzimmer aus, und nach welchen Kriterien? Werden auch mal Namen modernisiert, während das Möbeldesign gleichbleibt? Hat der Hersteller sich Gedanken darüber gemacht, welche Schrankgriffe Eltern gefallen, die den Namen Noah mögen? Beeinflusst es die Kaufentscheidung, wenn man den Namen eines Zimmers besonders toll findet – oder so richtig übel? Und zuletzt:: Ob es wohl Eltern gibt, die beim Betrachten von Möbelkatalogen DEN Namen für ihren noch ungeborenen Sprössling finden?

Alessia, Marlon und Noah – alle drei würde ich (trotz Arche) als modernen Mainstream einstufen. Alessia landete 2013 auf Platz 147 der Namens-Charts, Marlon auf Rang 49 und Noah gar auf der 11. Sie zählen nicht zu jenen Namen, die in früheren Epochen schon gängig waren wie beispielsweise Franz, heute auf Platz 130 (wussten Sie, dass Boris Becker so mit Zweitnamen heißt?). Zudem sind unsere drei Zimmernamen weich im Klang, reich an Vokalen und eher international als typisch deutsch.

Ich habe recherchiert: Es gibt auch Kinderzimmer, die Balthasar, Edward, Kevin („Erle Dekor“) oder Henriette („Fichte vollmassiv, weiß und rosa lasiert“) heißen. Und sogar den ökig anmutenden Jochen („massive Fichte, honigfarben gewachst“), dessen Name nun wirklich von gestern ist.

Ach ja, ich selbst lasse mich natürlich von Namen beeinflussen. Da muss ich nur an unser Besteck denken, Modell „Denver“. Meine Kaufentscheidung hing nicht unwesentlich davon ab, dass ich gleich an den mondänen TV-Kult meiner Jugend denken musste.

Noch mehr „Denver“: Kirby und die Mexikaner oder: Was dürfen Eltern?


Wie viel Lindgren ist okay?

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Bekannte von uns haben eine kleine Tochter namens Lotta. Sie ist ihr erstes Kind. Den Namen kann man ja finden, wie man möchte. Aber dass genau das in den Augen mancher Menschen nicht geht – dass eine Erstgeborene Lotta heißt –, hat mich doch einigermaßen verwundert. Das Thema kam kürzlich in einem Namensforum auf, und tatsächlich vertraten gleich mehrere Schreiberinnen die Auffassung, Lotta könne eigentlich nur „der kleine freche Nachzügler“ sein. Aha.

Ja gut, in Astrid Lindgrens „Krachmacherstraße“ heißt das jüngste Kind, ein ausgewiesener Frechdachs, nun mal Lotta. Trotzdem hat der Name Lotta, immerhin eine Kurzform so erhabener Namen wie Charlotte oder Lieselotte, in meinen Ohren nichts, was ihn auf diese eine Interpretation festlegt. Er bedeutet nicht „Die Kleine“ oder Ähnliches (wie es zum Beispiel Paula tut) und kommt schon längst nicht mehr so selten vor, dass man sofort und ausschließlich an Astrid Lindgren denken müsste. Okay, er ist eine Kurzform und somit eine Verniedlichung, doch das sind Lisa oder Leni, Max oder Fritz auch, die trotzdem nicht nur für Nesthäkchen in Betracht gezogen werden. Übrigens bevölkern mitterweile auch ganz andere Lottas die Kinderbuchwelt, etwa in der „Mein Lotta-Leben“-Reihe.

Natürlich hat man zu jedem Namen seine Assoziationen, auch durch Bücher und Filme. Es ist auch völlig in Ordnung, dass die Menschen, die ihre Tochter Lotta nennen, damit etwas anderes verbinden – frisch, skandinavisch, frech … – als jene, die ihr Kind Margarethe-Elisabeth taufen. Dennoch meine ich, dass man es bei aller Liebe mit der Astrid-Lindgren-Treue nicht übertreiben sollte. Muss ein Michel unbedingt flachsblond sein, oder darf auch ein dunkler Junge oder ein Rotschopf so heißen? Und kommt als Name für Michels Schwesterchen wirklich nur und ausgerechnet Ida (neulich so gelesen in einer Familienanzeige) in Frage?

Oder Karlsson: Das ist eine Lindgren-Figur, mit der ich nie warm geworden bin. Trotzdem finde ich Karlsson als Namen – hier just diskutiert bei den „Babynamen der Woche“ – eigentlich gar nicht so übel. Vielleicht gerade, weil ich immer gleich ausgeschaltet habe, wenn „Karlsson vom Dach“ im Fernsehen lief? Jedenfalls denke ich bei Karlsson sogar eher an einen Assistenten aus dem Bremer „Tatort“. Dabei schreibt sich der Gute, wie ich soeben gelernt habe, in Wirklichkeit Karlsen.

Hansa-Park und wilde Hühner

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Eine Sache, die mir am Hobby Vornamen so gut gefällt, ist, dass man quasi überall auf Überraschungen und Anlässe zum Nachdenken trifft. Neulich zum Beispiel, im Hansa-Park. Plötzlich stand ich vor einer Reihe nostalgischer Mini-Schiffsschaukeln, und jede trug – in verschnörkelten Lettern – einen alten Frauennamen: Flora, Gerda, Hanne, Anna, Dora, Emmy, Berta. Gerda und Berta wären heute für Kinder noch eher innovativ, würden aber ins Bild passen. Der Rest sowieso. Nur der Name ganz links sticht hervor wie eine Lakritzschnecke in einer Tüte Gummibärchen: Cindy.

Hansa Park Schiffsschaukeln

Cindy – da assoziiere ich 70er Jahre (Cindy & Bert) sowie die ostdeutsche Namensriege Mandy, Sandy und Candy (gibt’s wirklich). Außerdem den süßlichen Aschenputtel-Neuaufguss „Cinderella ’80“ mit Bonnie Bianco, den ich als Teenager unverzeihlicherweise toll fand. Ach und – fast vergessen – Cindy aus Marzahn. Was hat Cindy hier bloß zu suchen?! Immerhin komme ich darauf, dass die Namen das Alphabet von A bis H abbilden, nur ungeordnet. Doch warum heißt Schaukel Cindy dann nicht eher Clara? Persönliche Präferenz des Schildermalers?

Zweite Überraschung: Mit meiner Tochter entdecke ich gerade die „Wilde Hühner“-Bücher von Cornelia Funke. Darin geht es um die Eskapaden einer Bande von Mädchen, die zu Beginn etwa acht Jahre alt sind: Charlotte – genannt Sprotte –, Frieda, Trude (eigentlich Trudhild), Melanie und das später noch aufgenommene Bandenmitglied Wilma.

Auch hier kann ich nur staunen: Band eins erschien zuerst 1993, demnach sollten die Mädchen 1985 geboren sein, als Namen wie Charlotte und Frieda (heute wieder fest in den Top-Forty verankert) alles andere als angesagt waren, von Trude und Wilma ganz zu schweigen. Nur Melanie – 1985 auf Platz 16, mittlerweile abgestiegen auf Platz 208 – passt in die Zeit. Schlechte Recherche einer Bestsellerautorin? Oder wurden bewusst Namen gewählt, die im Umfeld der Leserinnen nicht besetzt waren (höchstens von alten Tanten)? Lustig jedenfalls, dass das Alte-Namen-Revival hier so selbstverständlich vorweggenommen wird. Ohne Frau Funke für den Charlotte-Boom verantwortlich machen zu wollen: den Geschmack ihrer mittlerweile erwachsenen Fans hat sie sicher mit beeinflusst. Tatsächlich habe ich sogar schon mal eine kleine Wilma getroffen. Zum Namen Trude sind mir mehrfach Diskussionen in Onlineforen aufgefallen – meist ging es um die verniedlichte Trudi. Schauen wir mal!

Mein allerliebstes Pixibuch

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Es ist nur ein Heftchen, 24 Seiten stark, mit der Nummer 984: das Pixibuch „Prinzessin Horst“ von Oliver Wenniges. 1999 erschienen, ist es inzwischen leider nur noch antiquarisch zu haben. In einer süffisanten Amazon-Rezension wird klargestellt, das Werk sei zwar nichts für Kinder, dafür aber das perfekte Geschenk für „coole Eltern in 70er-Jahre-Klamotten, die total ironisch drauf sind … Spaß haben aber auch Normalos mit Sinn für Unsinn … Monty Python hätte das nicht besser gekonnt.“

Worum geht es? König Helmut und Königin Antje werden Eltern. Der junge König will unbedingt einen Sohn – und als dann eine Prinzessin geboren wird, nennt er sie, trotz anfänglichen Protests der Königin, eben Horst. Und löst damit nach dem ersten Schock einen Trend aus: Nicht nur, dass Babymädchen plötzlich Ulf oder Dirk heißen, auch ältere Kinder und erwachsene Frauen benennen sich um: „Ich heiße jetzt Dietmar. Und du?“ – „Jürgen.“

Prinzessin Horst

Prinzessin Horst, süß mit rosa Zopfschleifen, bleibt nicht lange allein. Ihr Brüderchen soll „einen ganz besonderen Namen bekommen, und so nannten sie ihn Daniela“. Natürlich macht das Volk Königs auch das eifrig nach: alle männlichen Wesen bekommen Frauennamen. Als Beispiel zeigt das Büchlein einen gebrechlichen alten Herren und seine propere Krankenschwester: „Claudia Schlüter (im Rollstuhl) wird heute 100 Jahre alt. Gepflegt wird er von Schwester Volker.“

Und jetzt endlich die gute Nachricht: Es gibt die Geschichte unter www.prinzessinhorst.de zum Angucken und Nachlesen. Und auch wenn sie als lustiger Beitrag zur Gender-Debatte gemeint ist: Mir fallen besonders die ältlichen Namen auf, die hier zelebriert werden, allen voran Horst. Niemand würde wohl heute auf die Idee kommen, sein Kind (ob Sohn oder Tochter) so nennen zu wollen. Dabei sind Bedeutung (aus dem Niederdeutschen für „Wald, Gehölz, Dickicht, Gebüsch“ und Geschichte (vor 1905 fast ausschließlich in Adelskreisen verbreitet) zunächst mal gar nicht so übel. Es war dann aber wohl die NS-Zeit, in der Horst ausgehend von der Verklärung des SA-Mannes Horst Wessel außerordentlich populär war, die diesem Namen das Genick gebrochen hat.

Heute sind Horst und als Steigerungsform Vollhorst zum Schimpfwort verkommen (eine ähnlichen Abstieg kennt man von Thusnelda, Kurzform Tussi). Tine Wittler war vielleicht vom Pixititel inspiriert, als sie 2002 ihren Roman „Die Prinzessin und der Horst“ veröffentlichte. Jemand, der den Horst in sich konsequent auslöschte, ist auch der Kinderbuchautor Janosch (Jahrgang 1931): Er heißt eigentlich Horst Eckert.

Tatort gereinigt, Name gefunden

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Immer wieder ein Klassiker bei der Namensfindung: Abspänne im Kino oder im Fernsehen. Ich hatte gerade eine Folge der großartig-skurrilen Serie „Der Tatortreiniger“ mit Bjarne Mädel (was für ein Name!) gesehen, als ich sie entdeckte. Alwara. Bis dahin war mir die deutsche Schauspielerin Alwara Höfels (Jahrgang 1982) kein Begriff, dabei hätte mir ihr Name auch im Abspann von „Keinohrhasen“ (puh!) oder „Fack ju Göthe“ begegnen können. Beim „Tatortreiniger“ spielt Höfels eine wunderbar schlichte D-Prominente, die Profit aus dem Tod ihres Exfreundes schlagen möchte, doch das nur am Rande.

Jedenfalls: Ihr Name hat es mir angetan. Aus dem Bauch heraus hätte ich ihn in die osteuropäische Ecke gesteckt. Es gibt ein russisches Volksmärchen, das „Die schöne Wassilissa“ heißt, Alwara hat für mich ein ähnlich exotisch-märchenhaftes Flair (und immerhin drei gemeinsame Buchstaben). Ja – ist der Assoziationssprung zu groß? –, ich denke an eine Prinzessin auf der Flucht vor der Hexe Baba Jaga. Ich kann nicht leugnen, dass ich (obwohl Wessi) als Kind reichlich Ostmärchen inhaliert habe. Haben Aschenbrödel, Rumburak und Dornröschens Prinz Jaroslav in meinem Geschmackszentrum ihre Spuren hinterlassen? Vielleicht ist für meine Assoziation auch der verwandt klingende Name Wawara, die russische Barbara, verantwortlich.

Tatsächlich dürfte Alwara aber germanischer Herkunft sein. Die Vorsilbe „al“ steht für „all, ganz“, „war“ kommt von „wart“ für „Hüter“. Die Allbewahrende. Ich kann mir diesen Namen sehr gut auf einem Kindergarten-Namensschild vorstellen, auch als Alvara. Überhaupt gefallen mir viele Namen mit „al“ – wenn es nicht gerade der allgegenwärtige Alexander ist. Für Mädchen wären da etwa Alba, Alberta, Aldora, Aljonna, Alrika, Alrun, Alruna, Althea, Alva (Lindgren- und Elfenname in einem), Alwina. Anzumerken wäre nur, dass einige etwas nach „alt“ und „Alte“ klingen (Althea) oder dies sogar bedeuten (Aldora, auf Türkisch). Andere Assoziationen zu den klangvollen, aber eben auch überwiegend unbekannten Namen können Schuppenshampoo (Alpecin) oder Zahnpasta (Ajona) sein – oder Versicherungen. Das gilt es abzuwägen. Und noch ein paar interessante Al-Namen für Jungen: Alaric/Alarik, Albus (ja, wie Dumbledore), Alonzo, Alvar, Alvaro, Alwin.

Rosalie oder: Wie viel Zucker braucht die Frau?

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Es ist mir schon einmal passiert, und zwar mit Florentine: Jahrzehntelang wusste ich zwar, dass es diesen Namen gibt, „kannte“ als einzige Vertreterin aber lediglich die Heldin eines Schneider-Buchs aus den 70ern („Hauptgewinn für Florentine“, der Gewinn ist übrigens ein Ferkel). Bis sie dann vor vier Jahren gleich mehrfach auftraten, die Florentinen: eine Freundin nannte ihr Töchterchen so (der Bruder heißt Konstantin), eine Forumsbekanntschaft ebenfalls (Bruder: Benedikt), wenig später zog noch ein Kollege nach (Schwester: Fritzi). Fast schon unheimlich. Zumal Florentine 2010 nur auf Platz 174 stand (2013: Platz 238).

Und jetzt: Rosalie. Natürlich kannte ich Aschenbrödels Eule und auch die weitaus jüngere Twilight-Rosalie. Dazu kommt nun aber erstens das mehrfache Vorkommen hier in den „Babynamen der Woche“. Zweitens habe ich gerade eine achtjährige Rosalie (Bruder: Michel) kennengelernt. Und auch eine Frau, die ich aus dem Netz kenne, hat jetzt eine kleine Rosalie bekommen. Was mich leise verblüfft, weil ich sie nicht als Rosa-Liebhaberin, jetzt mal bezogen auf Mädchenausstattung, eingestuft hätte. Und die Assoziation zur Farbe, zu Prinzessin Lillifee und Glitzerhaarspängchen kommt bei dem Namen doch unweigerlich auf, oder?

Freundinnen essen Zuckerwatte © Dan Race - Fotolia.com

Foto © Dan Race – Fotolia.com

Ich habe nichts gegen Rosa und Glitzerkram. Ich denke nur: Kleidungsstil, Farbvorlieben, den Einhorn-Ranzen – kann man alles ablegen, Namen aber eher nicht. Manche wirken auf mich (nur auf mich?) einfach ultrafeminin und zuckersüß. Namen, die verniedlichte Kurzformen sind und insbesondere auch Lilly in den verschiedenen Schreibweisen. Eine Kollege nannte seine Tochter Sarah-Fee – für kleine Mädchen sicher ein Traum, aber … Was, wenn die Prinzessin keine wird, sondern eher ein pragmatisches und schnörkelloses Exemplar Frau? Oder wenn sie eine ausgiebige Phase als hässliches Entlein erlebt? Wird sie sich dann mit ihrem Namen wohlfühlen – und mit den Erwartungen, mit denen ihr andere aufgrund ihres Namens begegnen?

Vielleicht ist das zu weit gedacht. Wer Rosalie liebt, fügt seinem Kind damit sicher keinen Schaden zu. Immerhin ist sie seit einer Weile im Aufwind und schon kurz vor den Top 100 angekommen (Platz 118). Und auch sonst laufen die für mein Ohr weiblicheren Namensvarianten – auf -a endend – derzeit meist besser als jene auf -e: Hanna steht auf Platz 3, Hanne kommt in den Top 500 gar nicht vor, Luisa rangiert auf der 16, Luise auf 58 und so weiter. Trotzdem: Wenn ich mal von einer kleinen Anouk (Platz 309) oder einer Marit (Platz 302) höre, beispielsweise, finde ich das erfrischend. Als Tipp für Freunde süßer Rufnamen: ein neutralerer Zweitname  könnte für mehr Ausgewogenheit sorgen – selbst wenn er nur selten genutzt wird.

 

Mika oder: Wie mein Name mich gefunden hat

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Die wenigstens Menschen suchen sich aus, wie sie heißen. Mika aber gehört dazu. Doch es war ein langer Weg bis dahin. Hört man ihm zu, wie er seine Geschichte erzählt, stockt einem öfter mal der Atem. Als er 1963 geboren wird, ist es für seine Familie ein Schock: Das Neugeborene ist weder eindeutig Mädchen noch Junge. „Ich bin ein XXY-Mensch“, weiß Mika heute. Das heißt, er hat ein zusätzliches X-Chromosom. Er wird auf den Namen Astrid getauft und als Mädchen aufgezogen. Doch das funktioniert nicht.

Er kann gerade mal schreiben, als er selbst einen Namen für sich wählt: Michael. In seinem Geburtsjahr der zweithäufigste Jungenname, der aus der Bibel stammt und „Wer ist wie Gott?“ bedeutet. Wie er darauf gekommen ist, weiß er nicht. „Es war wohl die Weisheit eines Kindes.“ Welchen Jungennamen seine Eltern vor der Geburt für ihn ausgesucht haben? Das erfährt er nie, mittlerweile sind beide Eltern verstorben. Seine Wahl müssen sie zwangsläufig akzeptieren: „Auf Astrid habe ich nicht gehört.“ In der Schule ist er Außenseiter, „der Komische, der Schwule“ – trotz des Mädchennamens, der im Klassenbuch steht. Erst als er mit 14 einen Erzieher mit langen Haaren hat, lässt er sich die Haare wachsen.

Eine schwere Sehbehinderung von Geburt an, später eine Krebserkrankung, von der er Einschränkungen zurückbehält, dann die kranken Eltern, die er bis zu ihrem Tod pflegt – Mikas Päckchen wiegt schwer. Sein Studium kann er nicht beenden und wird schließlich frühverrentet. Mehrfach macht er einen Anlauf in Richtung geschlechtsangleichende Operation, sammelt Gutachten, die auch bei fehlverteilten Chromosomen nötig sind. Immer wieder kommt etwas dazwischen. Sein Vater bestärkt ihn schließlich, seine Mutter ist immer dagegen.

Dass Astrid ein nordischer Name ist, von den germanischen Wörtern für „Gott“ und „schön“ abgeleitet, gefällt ihm grundsätzlich sehr gut – wenn das falsche Geschlecht nicht wäre. Erst mit Ende 40 klappt es endlich mit der ersehnten Behandlung, und er kann die Wahl seiner Eltern korrigieren. Warum es nicht Michael, sondern die Variante Mika wird? „Ich fühle mich Skandinavien, besonders Finnland, sehr verbunden.“ Mika ist auch für Mädchen zulässig. Das stört ihn aber nicht, er sieht den Namen nicht so. Ihm ist auch egal, dass ein Mika in seiner Generation auffällt – bei einem Deutschen, sein Namensvetter Mika Häkkinen ist nur fünf Jahre jünger als er. „Ich bin sowieso nicht Schema F.“ Seine Freunde haben den Namen gleich gut angenommen, nur seine Schwester vertut sich noch manchmal. „Das befremdet mich dann schon. Denn Astrid – das war ich nie. Ich war namenlos.“

Mädchen ohne a

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Brigitte, Christa, Erika, Gertrud, Gudrun, Hannelore, Hedwig (stets Hedi genannt), Ingrid (2-mal), Karin, Marie-Luise, Ortrud, Ruth, Ursula (kannte man nur als Ursel), Waltraud (2-mal). So heißen die Cousinen in der Generation meiner Eltern, geboren irgendwann zwischen Mitte der 30er und den frühen 50er Jahren. Meine Cousinen, Ende der 60er bis Mitte der 70er geboren, heißen Jasna, Katrin (2-mal) und Susanne – wenn es um die Anzahl an Anverwandten geht, kann ich mit meinen Eltern schon mal nicht mithalten.

Was mir aber vor allem auffällt: Nur ganz wenige dieser Mädchennamen – Christa, Erika, Ursula und in meiner Generation Jasna – enden auf -a. Während man heute bei der Frage nach Mädchennamen, die nicht mit -a enden, fast schon ins Grübeln kommt. In den aktuellen Top Ten steht der erste Nicht-a-Name erst auf Platz 8. Überhaupt gibt es nur zwei dieser Namen in den Top Ten: Marie und Leonie, beide also auf einen i-Laut endend. Erweitert man auf die Top Fifty, wird das Phänomen noch deutlicher: Sage und schreibe 36 der 50 beliebtesten Mädchennamen enden auf -a oder -ah, acht auf -i (bzw. -y oder -ie) und nur sechs auf andere Laute: Nele, Charlotte, Zoe, Marlene, Josephine, Isabel(le). Mit einem (gehörten) Konsonanten schließt nur Isabel(le) ab.

ohne a

Wie kommt das nur? Ist uns da nicht eine klangliche Vielfalt verlorengegangen? Brauchen wir es einfach eindeutiger – hier Mädchen, da Junge – als die Generation unserer Eltern? Mal ganz abgesehen davon, dass man mit auf -trud oder -traud, -drun oder -grid auslautenden Namen sicher noch länger keinen Blumentopf gewinnen kann: Ich frage mich, ob wir unseren Töchtern heute, ohne es zu wollen, nicht ein etwas monochromes Frauenbild mitgeben. Feminin mit a-Endung oder feminin-niedlich mit i im Abgang?! Natürlich sollte Anderssein-als-die-Masse auch nicht zum Selbstzweck werden. Es gibt aber konkrete Fälle, in denen Eltern ganz bewusst nach einem Namen ohne -a am Schluss oder sogar auf einen Konsonanten endend suchen:

1. Wenn der Bruder bereits einen der noch eher seltenen Jungennamen auf -a trägt, Jona, Mitja oder Bela zum Beispiel, und die Eltern einen Gleichklang vermeiden möchten. Schließlich könnte es sonst noch leichter zu Fehlinterpretationen („Ah, zwei Mädchen!“) kommen.

2. Wenn der Nachname mit einem A- oder auch einem anderen Vokal beginnt, weil der Sprachfluss sonst leiden könnte. Hier kommt es aber auf den Einzelfall an, vieles ist auch einfach Geschmackssache – ich fände an Anna Ehrhard, Bella Appel oder Charlotte Oppermann nichts auszusetzen.

Zum Schluss noch ein paar Mädchennamen ohne Vokal am Ende, die mir gefallen: Anouk, Berit, Dorit, Elinor, Gwen, Irmelin, Jordis, Katalin, Lisbeth, Merlind, Pilar, Rahel, Silvelin.


So findet man einen Namen, mit dem beide gut leben können

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Es gab eine Zeit, in der Väter in der Namensfrage mehr Macht hatten als heute. Schließlich suchten sie das Standesamt auf, während die Mütter noch in der Klinik waren. Da kam es schon mal vor, dass Papa einen Zweitnamen aus dem Hut zaubern musste – ganz ohne seine Partnerin per Handy zurate ziehen zu können –, weil der Wunschname allein nicht anerkannt wurde. Ich weiß auch von einer Frau, die von ihrem Vater als Birgitta angemeldet wurde, was ihrer Mutter überhaupt nicht gefiel.

Mann und Frau im Streit © drubig-photo - Fotolia.com

Foto: © drubig-photo – Fotolia.com

Heute bieten viele Krankenhäuser die Möglichkeit, Kinder ohne Behördengang anzumelden. Zudem sind Mütter nicht so lange bettlägerig, es bestehen kaum mehr Chancen, Namen an ihnen vorbeizuschmuggeln. Die Klingen werden schon lange vorher gekreuzt – sofern nicht beide Partner zufällig genau denselben Geschmack haben oder aber einer von beiden in der Namensfrage offen für vieles (oder: gleichgültig?) ist. Es gilt, eine gemeinschaftliche Entscheidung zu treffen, die weitaus gewichtiger ist (lebenslänglich!) als etwa die Frage, welche Couchgarnitur angeschafft wird.

Die Namen der 1b aus Ahrensburg

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Die Schultüten sind längst leer gefuttert: Der Schulstart liegt bei uns nun schon fünf Wochen zurück. Höchste Zeit, dass ich Knuds schönem Beispiel folge und mal einen Blick auf die Namenslandschaft einer ersten Klasse aus Ahrensburg bei Hamburg werfe. In diesem Jahr wurden die Geburtsjahrgänge 2007 und 2008 „eingezogen“. Hier die Klassenliste sortiert nach den Plätzen der Vornamenhitliste 2007:

Mädchen Jungen
  • 43. Viktoria
  • 74. Jolina
  • 75. Theresa
  • 79. Lotta
  • 83. Elisa
  • 89. Frida
  • 130. Alyssa
  • 133. Liv
  • 235. Lilian
  • Aurica
  • Lotte
  • Nona
  • 5. Tim
  • (13.) Nicklas
  • 55. Henri (2-mal)
  • 56. Joshua
  • 97. Bennet
  • Jamil
  • Rorik

Jolina wird hier mit Jo-, nicht mit Dscho-, gesprochen und Liv interessanterweise „Liev“. Der doppelte Henri fällt für die Kinder nicht so ins Gewicht, weil einer deutsch und einer französisch („Ongri“) gesprochen wird. Jamil und der französische Henri haben nicht-deutsche Nachnamen. Nicklas – eine Kreuzung aus Nick und Niklas? – habe ich jetzt mal an der Position von Niklas eingeordnet.

Wie schon in der Stichprobe von Knud vom letzten Jahr bestätigt sich auch hier: Die häufigen Namen sind gar nicht so häufig. Keine Hannah, keine Leonie, kein Leon und kein Lukas weit und breit – das waren 2007 die Spitzenreiter –, und auch das nun schon seit Jahren präsente Duo Mia und Ben fehlt. Der mit Abstand häufigste Name der Klasse ist Tim (Platz 5). Bei den Mädchen geht es überhaupt erst ab Platz 43 los, hier wurden insgesamt seltenere Namen vergeben. Auch interessant: neun von zwölf Mädchennamen enden auf -a, wobei einer von acht Jungen, Joshua, mithalten kann.

Schloss Ahrensburg

Schloss Ahrensburg

Zum Schluss habe ich noch geschaut, welche Eltern 2007 Trendsetter waren, also (vermutlich unwissentlich) Namen im Aufwind vergeben haben. Und sich heute möglicherweise etwas ärgern über die „Explosion“ ihres Lieblingsnamens (obwohl man das auch anders sehen kann, wie hier Max-Mutter Nummer 3). Die größten Sprünge haben Lotta  und Frida gemacht – von Platz 79 bzw. 89 auf 30 und 37 heute. Elisa verbesserte sich ebenfalls um 33 Plätze. Bei den Jungen preschte Henri vor: von Rang 55 auf 17.

Und dann ist da noch Senkrechtstarterin Lotte: 2007 noch nicht in den Top 250 und schon ein Jahr später auf Platz 134 (heute: 112)! Was war denn da los?! Die Namensgebung von Exministerin Kristina Schröder kann hier jedenfalls nichts gepusht haben, ihre Tochter Lotte kam erst 2011 zur Welt.

Team Klaus oder Team Mia Sky?

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Kürzlich hatte ich mal wieder Gelegenheit, in Klatsch- und Frauenmagazinen zu stöbern – bei meiner Schwiegermutter und beim Arzt. In einem Bericht über den australischen Schauspieler Eric Bana (kenne ich aus „Die Frau des Zeitreisenden“) fand ich ihn dann: Klaus. Einfach Klaus. So heißt der 1999 geborene Sohn des Mimen. Keine Ahnung, wie verbreitet dieser Name in Australien oder auch der amerikanischen Promiszene ist – ich fand ihn jedenfalls verblüffend. Hierzulande wird er nach einer steilen Karriere zwischen 1930 und 1955 quasi gar nicht mehr vergeben. Wegen des Altherren-Nimbus? Verwandte Namen – Klaus ist eine Kurzform von Nikolaus – wie Niklas, Nicolas, Nico kommen dagegen häufig vor.

Ich habe sogar kurz überlegt, wie Banas Klaus wohl ausgesprochen wird. Bis mir Santa Claus eingefallen ist, vermutlich die Lösung (ohne Santa)? Wäre dann nicht weit entfernt vom heute bei uns mittelmäßig populären Klaas oder Claas (noch eine Nikolaus-Variante, Platz 254). Aus irgendwelchen Gründen höre ich bei Klaus bzw. Claus immer Hape Kerkeling in seiner Rolle als Königin Beatrix. Und dann noch „An der Nordseeküste …“. Schelmische Elternpaare geben ihrem ungeborenen Kind gern mal den Arbeitstitel „Klaus-Bärbel“. Ach ja, der Schauspielersohn hat noch eine Schwester, die – für unsere Ohren äußerst normal und bodenständig – Sophia heißt (Jahrgang 2002).

Szenenwechsel: Die Exfrau des deutschen Adelssprosses Carl-Eduard „Calle“ von Bismarck hat, so entnehme ich den bunten Blättern, im letzten Monat unter skandalumwitterten Umständen (Vater unbekannt!) eine Tochter bekommen. Mia Sky heißt die Kleine, was die glückliche Mutter mit „Mein Himmel“ übersetzt. Nun ja. Gegen Mia lässt sich kaum etwas sagen, gefällt ja nachweislich den allermeisten Deutschen. Doch der Zweitname – der auch an eine Ehrung von Herrn du Mont oder an den Fernsehsender denken lassen könnte – und vor allem die italienisch-englisch, wie ich finde, recht eigenwillig abgeleitete Bedeutung … ich weiß ja nicht. Ich muss an Nevaeh denken, ein noch recht neuer Trendname in den USA, entstanden aus einem rückwärts gelesenen „Heaven“, also Himmel. Was haben die bloß alle mit dem Himmel?! Mir wär’s zu „wortig“, zu wenig Name – und zu kitschig.

Und jetzt sind Sie dran: Mir ist klar, dass die Gegensätze extrem sind – aber was würden Sie wählen, wenn Sie müssten: Klaus für Ihren Sohn oder Mia Sky (nur echt mit Zweitnamen) für Ihre Tochter? Ich weiß es schon …

Der Zwillingseffekt

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Um auf das Thema meines heutigen Textes zu kommen, braucht man nur mal die Zeitung aufzuschlagen, Rubrik Familienanzeigen, Sie wissen schon. Bei uns gab es dort an diesem Wochenende gleich drei Geschwisterkombinationen, die sich in meinem Kopf festgesetzt haben: Tim und Tom. Marc und Marvin. Liv und Sif (wo ich nach der Erfahrung mit diesem Beitrag gerne wüsste, ob die Familie hier von „Liff und Siff“ oder von „Lief und Sief“ spricht).

Jedenfalls: Es ist zwar nicht die Regel, kommt aber immer mal wieder vor, dass Eltern ihren Kindern sehr ähnlich klingende Namen geben. Ein gemeinsamer Anfangsbuchstabe für alle ist da noch harmlos. Mich wundert das jedes Mal. Immerhin lässt sich sonst ein Trend zur Individualisierung beobachten: Vielen Menschen bereitet es Kopfzerbrechen, wenn ihr Lieblingsname im persönlichen Umfeld bereits vorkommt, manche sichern sich gar durch selbsterfundene Namen oder eigenwillige Schreibweisen ab. Wenn es um Geschwister geht, gelten aber offenbar (manchmal) andere Regeln.

Ob es an der Schnittmenge des väterlichen und mütterlichen Namensgeschmacks liegt, die einfach so klitzeklein ist? Oder ist Kind 1 quasi Wegbereiter für alle folgenden, weil die Eltern sich mit der Zeit so sehr in seinen Namen verlieben, dass sie sich bei weiteren Kindern gar keinen anderen Klang mehr vorstellen können? Nach meiner Erfahrung handelt es sich bei ähnlich benannten Geschwistern längst nicht immer um Zwillinge (wo die Namenswahl noch mal ein Kapitel für sich ist). Tatsächlich haben alle optisch verwechslungsträchtigen Zwillingspaare, die mir bislang begegnet sind, Namen, die zwar stilistisch harmonieren, aber nicht nach „Hanni und Nanni“ klingen: Annette und Henrike gingen mit mir in eine Klasse. Stefanie und wenig später ihre Schwester Kerstin habe ich in der Schwangerschaft kennengelernt. Außerdem gibt’s noch Johanna und Theresa (Töchter meines Cousins) sowie aus der aktuellen Kindergeneration vor Ort Ilka und Thea, Jonas und Alexander, Per und Til.

Storch bringt Zwillinge © Pétrouche - Fotolia.com

Die Welt“ berichtete jetzt über eine Facebook-Studie aus den USA, in der es ebenfalls um Ähnlichkeiten bei Geschwisternamen ging. Demnach hat jedes zweite Zwillingspaar, das heute etwa 50 Jahre alt ist, zumindest Namen mit dem gleichen Anfangsbuchstaben. Bei Zwillingen im Teenie-Alter sei es noch jedes vierte Paar – Individualisierung also auch hier? Das beliebteste Namenspärchen aus Amiland laut Facebook: Yvette und Yvonne. Sollte die Studie sich wirklich auf Zwillingsnamen beschränken, fände ich das ziemlich schade. Was dabei wohl für Deutschland herauskommen würde?

Ach ja: Die schon sprichwörtlichen Enid-Blyton-Zwillinge Hanni und Nanni, die mich als Mädchen für Internate und Mitternachtspartys schwärmen ließen, heißen mit vollem Namen Hanna und Marianne – und im englischen Original noch mal ganz anders: Patricia „Pat“ und Isabel.

Ratgeber

Bestrickend schön

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So mancher dokumentiert seine Liebe zu seinem Kind und speziell zum ausgewählten Vornamen heute mit einem Tattoo. Was ich zumindest erträglicher finde als tätowierte Kleinkind-Porträts. Aber würde ein Kettchen frei nach Thomas Anders nicht denselben Zweck erfüllen wie diese Liebesbekundung, die womöglich schmerzhafter ist als die Geburt? Und noch wichtiger: Was sagt später Sohnemanns erste Freundin, wenn sie auf der Brust ihres Liebsten zwar kein „Mama“-Tattoo vorfindet (natürlich nicht!), aber dafür sein Name „forever“ gut sichtbar auf Muttis vor sich hin alterndem Unterarm prangt?

Auch schon gesehen: LKW-Fahrer, die die Namen ihrer Lieben gut sichtbar in der Windschutzscheibe spazieren fahren. Würde ja auch komisch aussehen, so ein schnöder Babynamensaufkleber hinten auf einem Monster-Truck! Und dann ist mir noch die folgende Variante begegnet, bei einem Häuschen im Niedersächsischen:

Anna und Katharina auf Gardinen

Ich bin keine Handarbeitsexpertin, aber ich glaube, das nennt man Filethäkelei? So klassisch wie die Technik sind auch die Namen, die sowohl die Häuserfront schmücken als auch für Sichtschutz sorgen: Katharina und Anna. Eine stimmige Kombination für Schwestern, finde ich: klanglich verbunden durch den vorherrschenden Vokal a sowie die Endung -na, aber auch voneinander abgesetzt durch die unterschiedliche Silbenzahl. Obwohl beide Namen heute noch gut in den Charts dabei sind – Katharina verpasst die Top 50 knapp um vier Plätze, Anna thront auf Platz 5 –, tippe ich mal, dass die Töchter des Hauses in diesem Fall in den Nuller oder sogar den späten 90er Jahren geboren wurden. Im Jahr 2000 stand Katharina auf Platz 15 und Anna sogar auf Platz 1.

Viel älter dürften die beiden aber auch nicht sein, sonst hätten sie ihre Mutter vermutlich schon zum Abhängen der liebevoll gearbeiteten Fensterdeko bewegt: „Mama, du bist echt peinlich!“

Pumpernickel bleibt Pumpernickel

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Manchmal ist es wirklich verrückt: Vor Kurzem erst habe ich über mein All-Time-Favourite-Pixi „Prinzessin Horst“ geschrieben, und nun fällt mir schon wieder ein Kinderbuch in die Hände, in dem es ausgiebigst um Namen geht – diesmal sogar auf 155 Seiten – UND bei dem die Titelheldin eine Prinzessin ist. (Dass ich eine Tochter habe, erklärt den Zufall nur am Rande, wir lesen oft ganz andere Bücher.)

Prinzessin Pumpernickel“ von Angela Sommer-Bodenburg („Der kleine Vampir“) erschien im vergangenen Jahr. Die Story: Der immer hungrige König von Pattaloonia will gerade den Namen seiner jüngsten Tochter verkünden – die älteren heißen Ponderosa, Perdita und Pamelina –, als er auf dem Büfett ein besonderes Schwarzbrot entdeckt, dessen Name ihm erst nicht einfallen will. Mit seinem frohen Ausruf „Es heißt Pumpernickel!“ nimmt das Schicksal seinen Lauf. Denn natürlich sollte das kleine Mädchen eigentlich einen viel prinzesslicheren Namen erhalten. Der König weiß sich nicht anders zu helfen, als das Brot Pumpernickel komplett aus seinem Reich zu verbannen.

Sommer-Bodenburg bevölkert ihre Geschichte mit unzähligen P-Namen. Nicht nur Pumpernickel würde man in Namens-Lexika vergeblich suchen, obwohl alles durchaus namensmäßig klingt. Wörter, die knapp daran vorbeischrammen, ein Name zu sein, gibt es eben unendlich viele. Hier noch ein paar Beispiele, die mir eingefallen sind: Dezibel, Kantine, Kokolores, Retina, Stevia, Urea für Mädchen, Allibert, Luv, Mäander, Pellet oder Terpentin für Jungen. (Es ist wohl das Schicksal eines Namens-Freaks, auch da Namen zu sehen, wo gar keine sind.) Was zu der Frage führt, was einen Namen zum Namen macht. Die Bedeutung? Die Geschichte? Sachbezeichnungen sind als Namen nicht gestattet, so das Namensrecht. Aber ob das immer so bleiben wird – in Zeiten, wo für viele Eltern vor allem ein als schön empfundener Klang wichtig ist? Zumal es ja auch tradierte Namen wie Mark, Rose oder Wolf gibt, die schon immer auch eine Sachbezeichnung waren.

Im Fall von Prinzessin Pumpernickel will der König Jahre später alles wieder gutmachen. Nur ist das nicht so einfach:

„Der König seufzte noch einmal. Mit seiner temperamentvollen, eigenwilligen, stolzen, aber auch störrischen und eitlen Tochter konnte er den Namen Paloma nicht in Verbindung bringen! Und mit dem betulichen Namen Petulia oder dem nur nach Reichtümern klingenden Prosperina erst recht nicht.“

Wie gut, dass wir nur Namen für Babys suchen müssen! Was dann passiert: dass nämlich in vielen Fällen der kleine Mensch so in seinen Namen hineinwächst, dass wir uns bald keinen anderen mehr für ihn vorstellen können – und er sich selbst mit etwas Glück später auch nicht –, bleibt ein Geheimnis.

Käte das Auto

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Frisch entdeckt unter einer Hamburger Brücke und doch voll im Leben stehend: ein PKW mit einem handgemalten, mit Tesafilm in der Heckscheibe befestigten Namensschild. Käte. Das wirft Fragen auf: Wer oder was ist Käte – die Fahrzeughalterin? Ihr Kind? Ihre Lieblingsband? Oder gar der Name des Autos (auch so etwas soll es geben)? Offenbar ein echter Insider. Wo ist überhaupt das h von Käthe – so die gebräuchlichste Schreibweise dieses Katharina-Kürzels – abgeblieben?

Käte an einem VW Golf (Foto: Annemarie Lüning)

Von einem Babymädchen namens Käthe habe ich erst kürzlich gelesen. Ich bin mal gespannt, ob da noch was geht in den Hitlisten, für mein Empfinden sind Namen mit Umlaut ja gleich etwas sperriger als solche ohne. Greta und Martha, die klanglich und von der Anmutung her wohl als Schwestern von Käthe durchgehen können, sind jedenfalls wieder voll da (2013 Platz 33 bzw. 75 – Käthe landete auf Rang 423, immerhin). Ich muss an den Austausch zum gleichfalls ungewöhnlich geschriebenen Namen Cäthe an eben dieser Stelle denken. In diesem Namen steckt wirklich Musik, wie es scheint. Ich habe ihn mittlerweile nämlich auch auf einem Festivalplakat gesehen: Eine deutsche Songschreiberin und Sängerin (bürgerlicher Vorname: Catharina) nennt sich so.


Facebooker, Seriengucker

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Ich war ja nun wirklich schon bei einigen Namensdiskussionen in Foren dabei. Trotzdem beschert mir die Facebook-Gruppe, in die ich kürzlich eingetreten bin, echte Aha-Erlebnisse. Wieso es Namen wie Zoey oder Hailey, Jamie oder Tyler doch recht weit nach oben in die Charts schaffen, zum Beispiel (am weitesten hinten liegt noch Hailey: Platz 115). Klar gab es immer mal irgendwo Liebhaber amerikanischer Namen, aber so geballt und ernst gemeint ist mir das noch nirgends begegnet.

Wenn es nach dem (oder besser: der) Durchschnitts-Aktiven in dieser Gruppe geht, werden auch Noel oder Jayden künftig noch oft in Geburtsgalerien dabei sein. Auch sehr beliebt: Geschwisternamen mit gleichem Anfangsbuchstaben oder sehr ähnlichem Klang; da wird einer Mia-Mutter für ihr zweites Mädchen auch mal Pia oder Nia vorgeschlagen – oder Lea, wenn’s hochkommt. Dazu dominieren Kombinationen aus zwei Vornamen pro Kind, die häufig mit Bindestrich gekoppelt werden. Woher diese Mode kommt, wüsste ich wirklich gern. Natürlich gab’s das früher schon mit Eva-Marie, Hans-Georg und Konsorten, aber heute wird viel wilder zusammengefügt, was nicht zusammengehört, Silbenzahl und Gesamtklang hin oder her.

Die Kriterien, die der gesuchte Name erfüllen soll, fallen in dieser Gruppe überraschend knapp aus. „Außergewöhnlich“, das wird immer mal wieder gewünscht. Bei dieser Ankündigung war ich zuerst immer besonders neugierig – was kommt jetzt?! Was außergewöhnlich ist oder nicht, ist aber offenbar auch eine extreme Auslegungssache. Ich vermute fast, dass „außergewöhnlich“ oft nur mit „ganz anders als in meiner Generation – und bloß nicht wie bei meinen Eltern oder Großeltern“ übersetzt wird. In diesem Sinne passt natürlich schon ein Vorschlag wie Fynn Marlon, den ich ansonsten nicht so rasend auffällig finden würde.

Wenn jemand mal nach einem „deutschen“ Namen fahndet, kommen auch Vorschläge wie Joel oder Gino. Das sieht man nicht so eng, „deutsch“ bedeutet hier wohl einfach „nicht englisch“ (Joel ist hebräisch und hat im englischen Sprachraum eine längere Tradition als bei uns). Nicht die Regel, aber immer mal wieder dabei: besondere Schreibweisen wie Joulée (ist Jule zu normal?), Chelzy oder Llionel (mit insgesamt drei L). Irgendwie finde ich die Sache ja faszinierend. Und wer weiß – würde ich selbst weitaus mehr US-amerikanische Fernsehserien verfolgen als ich es tue, hätte ich vielleicht eher Zugang zu diesen Namen? So mancher Name dieser Kategorie scheint nämlich auch eine Art Code zu sein: „Ich liebe den Namen Castiel.“ – „Hey cool, ich bin auch ‘Supernatural’-Fan!“

A-Allergiker und Fritzchen-Freunde

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Ich habe eine neue Theorie, weshalb Sophie und Marie als Zweitnamen so unglaublich abräumen. Na ja, weltbewegend ist sie nicht, aber ich habe nun schon häufiger gehört, dass zwei auf -a endende Namen hintereinander als unschön empfunden werden. Und da heute enorm viele populäre Mädchennamen mit -a enden, wäre das doch nur ein logischer Schluss (obwohl es natürlich Zweitnamen auf -a gibt, keine Frage!). Untermauert wird das Ganze noch durch in einer weniger klassisch geprägten Ecke gängige Zweitnamen wie Joy, Jolie, Jolien oder überhaupt alles auf -een.

Ich selbst kann am Doppel-a nichts Schlimmes finden – wenn sich Erst- und Zweitname nicht gerade reimen (Gloria Viktoria – widewidewitt bum bum). Es kann auch problematisch sein, wenn auf ein -a am Ende des Erstnamens ein A- am Beginn des Zweitnamens trifft (Mia Allegra – Miaallegra?!). Aber am Ende kommt es doch immer auf den Einzelfall und die Melodie eines Namens, auch zusammen mit dem Nachnamen, an. Finde ich.

Des Weiteren habe ich gerade mal wieder erlebt, wie emotional es beim Thema Namen zugehen kann – und wie viel das Ganze auch mit dem Wunsch, sich zugehörig zu fühlen, zu tun hat. Natürlich im Netz, wie sollte es anders sein. Und zwar ging es um den Namen Fritz. Klar gab es da irgendwann mal die Fritzchen-Witze und Fischers Fritze. Dennoch hätte ich nie gedacht, dass dieser Name – immerhin derzeit auf Platz 131 – noch so ein enormes Aufreger-Potenzial hat: „Eine Strafe für das Kind“ – so wurde auf die Ankündigung einer Schwangeren, sich für Fritz entschieden zu haben, reagiert. „Damit wird er es nicht leicht haben“, „Denkt an das Kind und nicht an euch“. Und das in Zeiten von Paul (Platz 3), Emil (Platz 23) und Karl (Platz 56) oder auch ähnlich frech anmutenden kleinen Oskars (Platz 26), Pepes (Platz 104) und Fietes (Platz 204).

Aber es kommt eben immer darauf an, wen man fragt. In diesem Fall war es eine Community, in der sonst viel über Namen sinniert wird, die für die werdenden Omas, künftige Kindergärtnerinnen, ja, und auch für mich schwer auszusprechen sind. Da steht man dann mit einem kleinen Grüppchen von Fritz-Freunden recht verloren herum, während andere sich über ihren so ganz anderen Favoriten mit eingebasteltem Ypsilon verbal und mit reichlich Emoticons High Five geben. Aber vielleicht ist das auch ganz in Ordnung so. Einen Namen für sein Kind zu wählen kann eben auch bedeuten, dass man für sich selbst eine Antwort darauf findet, wem man sich zugehörig zeigen möchte. Und wen man gerne etwas schockt …

Türkisch für Anfänger

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Vorweg gesagt: Was ich hier heute mache, ist ziemlich dreist. Ich kann nämlich kein Wort Türkisch und habe derzeit auch niemanden mit türkischen Wurzeln in meinem Umfeld. Ich bin mit einer Nazan zur Schule gegangen, kannte einen Orhan und hatte Kollegen namens Ümit und Erdinc (der sich Eddie nannte), das war’s auch schon. Innerhalb weniger Tage sind nun aber zwei Dinge passiert: Erstens habe ich einen türkischen Namen nicht als solchen erkannt und anders einsortiert (Kategorie „ausgedacht“) – upps. Und zweitens habe ich in einem Forum von einem deutsch-türkischen Paar gelesen, das einen Namen sucht, „der zu uns passt und nicht zu türkisch klingt“.

Daraufhin habe ich sofort Listen mit türkischen Namen durchstöbert und einige Entdeckungen gemacht. Wobei ich nicht weiß, ob die Listen zuverlässig sind, die Namen auch nur annähernd so ausgesprochen werden wie ich mir das denke und was Türken mit ihnen assoziieren. Kundiges Feedback ist willkommen! Natürlich ist an „typisch türkischen“ Vornamen überhaupt nichts auszusetzen. Ich finde nur bemerkenswert, wie viele auch dabei sind, die klanglich eine erhebliche Schnittmenge mit nichttürkischen Namen haben und die für alle, unabhängig von der Ethnie, eine Inspiration sein könnten.

Türkische Flagge © Cristal Oscuro - Fotolia

Foto © Cristal Oscuro – Fotolia

Was „typisch türkisch“ klingt, hängt auch ein bisschen damit zusammen, wie Promis türkischer Abstammung heißen, seien es Comedians, Gattinnen von Bäckereikettenerben oder Grünen-Politiker – Unbekanntes hat eher die Chance, zu überraschen. Als ziemlich eingängig und „untypisch“ empfinde ich Namen, bei denen gegenüber dem, was das deutsche Ohr kennt, nur ein Buchstabe anders ist: Ferida (Merida!), Harika, Melia (in den Charts auf Platz 212), Milana (251), Nermine, Rona, Sila (385) und Zina zum Beispiel. Oder Baris, Devin (191), Elyas, Erol (erinnert an Errol Flynn, Filmpirat der 30er und 40er Jahre), Ilyas (mit Ilias auf Platz 134), Mert (195) und Nevin. Ein wohl dosierter Minischuss Exotik – oder?

Es geht auch noch naheliegender, zumindest für Mädchen: Ada (377), Ela (111), Lale (491) und Selma (217) stehen ebenfalls bei den Namen aus der Türkei. Ich denke auch, dass Laila (144) in den verschiedenen Schreibweisen nicht unbedingt als türkisch (oder arabisch) empfunden wird. Außerdem gibt es Namen, die gegenüber bei uns Bekannterem nur wenige Buchstaben getauscht oder ergänzt haben: Alara (388), Amina (229), Amira (180), Dilara (193), Dilayla, Elanur (472), Meryem (213), Namika, Sibel, Vildana. Oder Dawoud, Kenan (300), Timur (337). Einige Namen finde ich wegen der Geschlechtszuordnung hierzulande auch eher ungünstig. So ist Elvan ein Mädchen und Semaja ein Junge.

Zuletzt noch eine bunte Riege, die – ohne dass ich es genau begründen könnte – das Zeug zu Modenamen haben könnte oder inmitten dieser jedenfalls nicht besonders auffallen würde: Ilayda (288), Meyra, Nayla (189), Yelda. Und Ilay (469), Levent (437), Malik (145), Tarik (486), Skander und Yunus (421). Sowie unbedingt auch Teoman, bei dem ich komischerweise an den „Herrn der Ringe“ denken muss.

Wenn Paul Kuhn auf Karl Valentin trifft

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Nicht mehr lange, und es ist Silvester. Bei uns läuft dann alle Jahre wieder der „Silvesterpunsch“ mit dem „Ekel Alfred“ aus „Ein Herz und eine Seele“, einer Fernsehserie der 70er. Jahr um Jahr schmunzle ich über Alfreds Eheweib Else, die Musik von Paul Kuhn für den Inbegriff von Modernität hält. Kennt hier noch jemand Paul Kuhn, den 2013 verstorbenen Pianisten, Bandleader und Sänger? Oder bin ich, der dieser Name etwas sagt – und die das „Ekel Alfred“ zitiert! –, mittlerweile genauso von gestern wie einst Else („die dusselige Kuh“)?

Tatsächlich bin ich neulich auf einer Namensliste über ein Kind gestolpert, das ebenso heißt wie die Musikgröße von einst: vorne Paul, hinten Kuhn. Ob Herr und Frau Kuhn das bewusst so entschieden haben? Ich selbst habe immer so meine Probleme mit solchen Kombinationen. Aber vielleicht bin ich da auch allzu päpstlich. In einer Folge einer US-amerikanischen Fernsehserie, die ich vor Kurzem gesehen habe, kam ein Bram Stoker vor. Nein, nicht der Verfasser von „Dracula“, sondern nur ein nach diesem getaufter junger Mann, dessen Eltern das originell fanden. Ihr Sohn war eher genervt – jedenfalls, bis Vampirfilme große Mode wurden: Plötzlich hatte er mit seinem Namen richtig Schlag bei den Frauen.

Übervorsichtig, wie ich bin, habe ich gerade auch einer werdenden Mutter von dem Zweitnamen Valentin zum Erstnamen Karl abgeraten. Sie hatte eine weichere, moderner anmutende Ergänzung zu Karl gesucht. „Karl Valentin“ sagte ihr nichts, aber der Klang gefiel ihr. Zugegeben, der Anklang an den längst verblichenen Komiker und Volkssänger ist hier durch den vermutlich überwiegend stummen Zweitnamen ziemlich versteckt. Und natürlich kennt längst nicht jeder Karl Valentin (oder Paul Kuhn). Schon gar nicht diejenigen, die den Namen in ein paar Jahren verulken könnten und die jetzt selbst noch in den Windeln liegen. Und doch … Die eine oder andere Anspielung, vielleicht vom Lehrer, vielleicht vom Arzt, kommt bestimmt. Das muss doch nicht sein, oder?

Mein Tipp wäre: den favorisierten Ruf- und Nachnamen, auch in Kombination mit eventuellen weiteren Vornamen, einfach mal bei Google eingeben. Es wäre ja schon blöd, wenn etwa eine auf Filme ab 18 spezialisierte Filmgröße, Sie wissen schon, sich denselben fantasievollen Namen ausgesucht hätte wie Sie für Ihr Kind. Andererseits kann man es natürlich auch gerade gut finden, wenn der eigene Spross später vor lauter Einträgen zu einem prominenten Namenszwilling nicht zu ergoogeln ist. Dafür könnte man ihn aber auch einfach Ben Meyer nennen.

Jahresrückblick 2014: Bloß nicht Conchita

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Welche Namen bleiben hängen? Wo könnten Trends von morgen lauern? Ein Rückblick auf das scheidende Jahr durch die Brille der Vornamenshobbyistin.

Jahresrückblick 2014

Januar

Adolf? Nein, Theodor! Im Januar wird bekannt, dass Google Maps den Berliner Theodor-Heuss-Platz teilweise sehr retromäßig als Adolf-Hitler-Platz gekennzeichnet hat. Die peinliche Panne wird umgehend behoben. Dabei kommt der korrekte Name auch bei Eltern von heute sehr viel besser an (zum Glück!): Der kecke Theo (2013 Platz 44) und der förmlichere Theodor (Platz 117) sind im Aufwind.

Februar

Wer den Tod einstiger Größen verpennt hat, bekommt in den Jahresrückblicken noch eine Chance. So erfuhr ich erst jetzt, dass Shirley Temple gestorben ist. Da ich mich zur Zeit öfter unter Fans amerikanischer Namen umtue: warum nicht mal Shirley?! Das korkenziehergelockte Vorbild finde ich jedenfalls ganz charmant. Und noch mal Trauer im Februar: Giraffe Marius wird im Kopenhagener Zoo öffentlich geschlachtet und verfüttert. Ob auf die Tötung eines namenlosen Tiers oder eines mit nicht menschlichem Namen ebenso empört reagiert worden wäre?

März

Interessante Künstlernamen beim Grand-Prix-Vorentscheid: MarieMarie (zweimal der Topname hält besser?), Madeline Juno (klingt nach moderner Erst- und Zweitnamenskombi) und Elaiza (gesprochen Ela-isa). Das Potenzial, Eltern zu inspirieren wie 2010 Lena Meyer-Landrut, dürfte aber gering sein. Einen spannenden Namen beschert uns auch die Oscar-Verleihung: Lupita, Nachname Nyong’o, ausgezeichnet als beste Nebendarstellerin.

April

Mit Peaches Geldof stirbt eines der am häufigsten zitierten Beispiele für Promis und ihre verrückten Kindernamen. Aufgefallen sind mir in diesem Zusammenhang noch mal die Namen von Geldofs Söhnen: Astala und Phaedra. Finde ich schön – für Mädchen. Etwas weniger Geldof’sche Varianten wären Asta und Fedra. Ein Mann der Stunde war 2014 der tunesisch-österreichische Schauspieler Elyas M’ Barek („Fack ju Göthe“), der im April mit einer Romy ausgezeichnet wurde. Ob Knud seiner Auswertung für Elias demnächst die Variante Elyas anfügen wird?

Mai

Die bärtige Lady Conchita Wurst rockt den ESC: ein Musterbeispiel für eine nicht stimmige Kombination von Vor- und Nachnamen, hier natürlich so gewollt. Seine Tochter sollte man hierzulande trotz des triumphalen Auftritts der Wurst lieber nicht Conchita nennen. Zwar soll der Name einen Verweis auf die Jungfrau Maria darstellen, durch die Medien ging aber seine Deutung als mehrdeutige Koseform („kleine Muschel“).

Juni

Felipe und Letizia werden König und Königin von Spanien. Ob’s ihren Namen – Letizia thronte bei uns zuletzt auf Platz 136 – Auftrieb gibt? Letizias „Problem“ sind natürlich die vielen Schreibweisen: Laetitia, Lätizia, Lätitia, Leticia … Dazu ist die Kurzform „Letty“ nicht jedermanns Geschmack, klingt nach Margarine.

Juli

Auch wenn dieser Text als eine Art Resterampe Dinge behandelt, über die wir noch nicht gebloggt haben: Das Thema WM darf nicht fehlen. Ich bin gespannt, ob Knuds Prognosen eintreffen. Dazu fällt mir noch der atemlose WM-Song ein, von der allgegenwärtigen Helene Fischer, die wohl nicht nur bei der unvermeidlichen Ice-Bucket-Challenge eine gute Figur gemacht hat. Eine Namenspatin für 2014er-Babys? Bislang liegt Helena vorn (Platz 48 vs. 83), was dem allgemeinen Hang zu Mädchennamen auf -a entspricht.

August

Ex-Hurrikan Bertha verhagelt uns den Sommer. Dem Namen dürfte es nicht geschadet haben: Bertha (schön: „die Glänzende“) hatte schon vorher keinen rechten Schlag bei Gebärenden. Doch vielleicht wird das ja noch mal anders?

September

Blacky Fuchsberger, eigentlich Joachim, ist tot. Und jetzt weiß ich endlich, woher der Entertainer und Edgar-Wallace-Hero seinen Spitznamen hat. Es gibt gleich zwei Begründungen: Während seiner Kriegsgefangenschaft wurde aus dem Einsatznamen Jackie versehentlich Blacky. Außerdem soll Fuchsberger alkoholisiert eine Sendung beim Bayerischen Rundfunk moderiert haben und vom Programmdirektor danach ermahnt worden sein, keine Blackies (Black & White-Whisky) mehr zu trinken.

Oktober

Da ich „The Voice of Germany“ nicht gucke, ist er mir erst dieses Jahr aufgefallen: der finnische Coach Samu Haber. Seinen Namen könnte ich mir gut als Alternative zu Samuel und „Säm“ vorstellen. Das Finale von „The Voice …“ gewann übrigens eine gewisse Charley Ann. Auch wieder in den Medien: Oscar Pistorius, der der mit c geschriebenen Form seines Namens einen unschönen Beigeschmack verleiht. Den Namen seines Opfers, Reeva, habe ich zuletzt tatsächlich auf Lieblingsnamenslisten gesehen. Hm …

November

Cayetana Fitz-James Stuart, besser bekannt als ziemlich durchgeknallte Herzogin von Alba, segnet das Zeitliche. Irgendwie erinnert mich ihr Name an Cataleya – findet vielleicht auch in die Hitlisten? Für Jungen: Cayetano, Cajetan.

Dezember

Im Telegrammstil: Die belgische Königin Fabiola ist tot – die blutjunge Kinderrechtlerin Malala Yousafzai aus Pakistan erhält den Nobelpreis – die Monaco-Babys heißen Gabriella und Jacques. Vielleicht auch ein gutes Zeichen für den Namen Gabriela, über den meine Kollegin Gaby öfter stöhnt („schreiben alle mit e am Ende“)?

Ach ja: die Babys, die in diesem Jahr in meinem Umfeld geboren wurden, heißen Anna, Ben, Daniel, Finja, Janne, Jelle, Lara, Lennard, Luise und Moritz (eventuelle Zweitnamen: geheim). Und bei Ihnen?

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