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Channel: Annemarie Lüning | Beliebte Vornamen
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Jescika – mal was anderes

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Wirklich, ich kann es verstehen, wenn man sich einen seltenen Namen für sein Kind wünscht. Allerdings sollte das, je „besonderer“ der Wunschname ist, gut überlegt sein. Da ist zum Beispiel das beliebte Konzept „Man nehme einen gängigen Namen und motze die Schreibweise tüchtig auf“. Was ist damit gewonnen? Ich finde jedenfalls, dass etwa die Eltern des kleinen Luckas (wie Luckas der Lockomotivführer oder wie?!) arg übers Ziel hinausgeschossen sind. Als in einer Online-Diskussion der Name Sophiya ehrlichen Beifall fand („So wird nicht jeder geschrieben, das finde ich gut“), konnte ich auch nur noch Bauklötze staunen.

Als meine heutige Interviewpartnerin geboren wurde, machten Eltern ihre Wahl noch mit sich allein und vielleicht dem engsten Umfeld aus. So ist nicht überliefert, wie ein französisches Paar 1975 in der Bretagne darauf verfiel, sein Töchterchen J-e-s-c-i-k-a zu nennen, mit der üblichen Aussprache „Dschessica“. „Sie wollten eine besondere Schreibweise“, mehr weiß Jescika nicht. Weder in Frankreich noch in Deutschland ist ihr der Name in der Form jemals wieder begegnet. Google kennt allerdings schon ein paar Jescikas, vor allem aus dem englischsprachigen Raum. Ob die Eltern ähnlich motiviert waren, den von Shakespeare in „Der Kaufmann von Venedig“ geprägten Namen abzuwandeln? Ursprünglich geht der bei uns in den 80er und frühen 90er Jahren sehr beliebte Name Jessica auf das hebräische Jiska zurück („Gott sieht“).

Jescika

Auch Jescikas Schwester trägt einen ungewöhnlichen Namen: Magniolya. Dagegen wirkt der Name des Bruders, Roderick, fast ein bisschen langweilig. Immerhin dürfte er weniger Schwierigkeiten haben als Jescika: „Es nervt, dass viele meinen Namen auch nach Jahren nicht richtig schreiben können. Meist bleibt zwar hängen, dass ich ungewöhnlich geschrieben werde, aber wie genau – das können viele sich nicht merken. Ja, und wenn Leute meinen Namen das erste Mal lesen, wollen sie ihn oft verbessern, weil es sich ja nur um einen Schreibfehler handeln kann.“ Wenn Jescika sich irgendwo vorstellt, buchstabiert sie ihren Namen deshalb komplett von J bis A. „Die meisten hören aber nicht richtig zu und schreiben erst mal Jessica.“

All das hat Jescika, die von Freunden Jesci („Dschessi“) genannt wird, aber nicht daran gehindert, sich mit ihrem Namen anzufreunden: „Ich mag ihn wie er ist. Ist doch mal was anderes“, sagt sie. Bei der Namenswahl für ihre Kinder hat sie sich auch eine kleine Buchstabenspielerei erlaubt: Die beiden haben die Initialen J. L., Jannis Lucas, und L. J., Louanne Julie – J. für Jescika und L. für Jescikas Mann Lars. Die Namen selbst wirken in beiden Sprachen ganz normal, wenn man mal davon absieht, dass Jannis in Frankreich mit Y geschrieben werden würde und man in Deutschland zwar Lou, Anne und Julie kennt, Louanne allerdings nicht. Anders als seine Mutter wird Jannis mit deutschem J gesprochen. Louanne stand 2010 auf Platz 20 der beliebtesten Mädchennamen Frankreichs. Yanis (ein n) kam dort im selben Jahr bei den Jungen auf Platz 13.


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